Todor "Tosho" Todorovic
Das kleine, aber feine Unternehmen trägt die „Firma“ im Namen und vertreibt seit 48 Jahren ein eingängiges und äußerst erfolgreiches Produkt: Bluesmusik! Firmensitz: Osnabrück. Name der Firma: Blues Company. Jahresumsatz: 6-stellig. Belegschaft: 8 Mitarbeiter/innen. Firmenchef: Todor „Tosho“ Todorovic.
Etwas „hüftsteif“ kommt der Chef der Blues Company an den Tisch in einem Café am Osnabrücker Markt. „Ich habe Rücken“, so der 73-jährige, der in Osnabrück und der gesamten Blueswelt nur Tosho genannt wird und in den letzten fast 50 Jahren zu einer Berühmtheit nicht nur in Blueskreisen wurde. Dabei sollte er nach dem Willen der Eltern Banker werden. Wurde er auch. Aber nicht lange. Der Blues rief und Tosho folgte, wenn auch Anfangs „under cover“. Dazu später. Dennoch: Die Finanzen müssen auch bei der „Company“ stimmen. Da war die Banklehre schon von Vorteil, als Tosho die „Firma“ gründete und bis heute managt.
Die „Unternehmensdaten“ sprechen für sich: seit 48 Jahren existiert die „Company“ am Musikmarkt. 35 teils preisgekrönte Alben wurden bislang produziert. Über 4.500 Auftritte absolvierte das Unternehmen. Die Bilanzen stimmen, oder Tosho? „Der Gewinn ist eingebrochen“, so der knappe Kommentar des Blues- und Finanzexperten. Gründe: Corona, Spotify, gestiegene Konzertkosten. „Von der Musik zu leben wird gerade für jüngere Profis immer schwieriger“, stellt der Rentner fest, der während seiner gesamten Karriere immer auf seine Altersvorsorge geachtet hat. „Ich hatte wie viele Kolleginnen und Kollegen auch immer eine feste Arbeitsstelle an Musikschulen, gab Unterricht oder arbeitete als Studiomusiker für andere Künstler, denn allein von Platten, CDs oder Auftritten zu leben ist schwer.“ Das war auch schon vor Jahrzehnten so, daher entschied der Vater: Tosho soll eine Banklehre machen. Was Vernünftiges. Eine Karriere als Künstler erlaubte der strenge Vater nicht.
Für die damals aus Jugoslawien eingewanderten Eltern galten strenge Regeln: Arbeiten, erfolgreich sein, anerkannt werden. Da störte eine Musikerkarriere. Also ab in die Deutsche Bank nach Osnabrück. Tosho biss sich durch, absolvierte die Ausbildung und ging danach brav jeden
Tag im Anzug aus dem Haus – um sich dann in coole Klamotten zu schmeißen und an der Musikhochschule zu studieren. Ohne Wissen der Eltern.
Ein Jahr ging das so. Dann das „Coming Out“. „Es ging nicht mehr zurück, nur nach vorne. Ich hatte die Lehre geschafft, jetzt wollte ich nur noch Musiker werden.“ Wurde er auch. Und zwar ein äußerst erfolgreicher.
Ob in Europa, Russland, Asien oder im Nahen Osten, kein Weg war zu weit für den charismatischen Mastermind und Ausnahmemusiker. Die Blues Company und Tosho hatten den Blues von Anfang an so authentisch in ihrer musikalischen DNA, dass selbst US-amerikanische Blues- Legenden sich bei ihren Tourneen von der Band begleiten ließen. Kein Wunder, dass heute der Blues in Deutschland von keiner anderen Band so erfolgreich repräsentiert wird wie von Tosho Todorovic und seiner Blues Company.
Diese Band ist zum Synonym geworden für zeitgenössischen Blues, denn Tosho hat sich nie als Lordsiegelbewahrer dieser Musik verstanden, sondern hat von Anfang an auf seine eigenen Kompositionen gesetzt. Der Erfolg der Blues Company-Alben ist nicht nur auf Deutschland
beschränkt, wo sie zu den bestverkauften Tonträgern des Genres gehören. Nein, die Musik der Blues Company verkauft sich international und wird weltweit gehört – was nicht nur am gekonnt zelebrierten Blues liegt, sondern auch am exzellenten Klang der Aufnahmen, der nicht nur in audiophilen Kreisen hochgeschätzt wird. Das zum Ruhm. Und die Finanzen?
„Die Plattenfirmen geraten seit der Verbreitung von Download-Plattformen enorm unter Druck, was die monetären Ergebnisse stark minimiert. Wobei auch unser Aufwand, Musik zu produzieren, als enorm zu bezeichnen ist“, erklärt Tosho. Und stellt lapidar fest: „Wer eine Wohnung oder
ein Haus geerbt hat und einen festen Job, beispielsweise am Institut für Musik in Osnabrück, ist fein raus.“
Das haben seine Bandmitglieder zum Teil. Aber der „Company-Chef“ selbst muss sich stetig kümmern. Sein Profi-Alltag, der oft erst gegen Mitternacht endet, ist auch im Rentenalter noch dicht mit Aufgaben gefüllt:
Proben, Interviews, Auftritts-Akquise, Website, Agenturgespräche, Gagenverhandlungen, Bankverhandlungen, Steuererklärung, ja selbst die Wartung vom Band-Bus. Letzteres klingt profan, ist aber eine der wichtigsten Aufgaben. „Dabei achten wir mittlerweile darauf, mehr Auftritte in der Nähe zu absolvieren, als hunderte Kilometer entfernt zu spielen und erst bei Sonnenaufgang wieder in Osnabrück zu sein.“ Das ist zwar teilweise Toshos Alter geschuldet, aber eben auch den Umständen, dass viele der Bandmitglieder arbeiten gehen müssen wie jeder andere Arbeitnehmer auch. Wenn auch zumeist im Proberaum oder der Musikschule.
Zudem sind Hotelübernachtungen im Budget nicht drin. Roadies, also Bühnenarbeiter, ebenso wenig. „Wir müssen sparen, wo wir können, wenn wir von der Blues-Musik einen Teil unseres benötigten Einkommens bestreiten wollen, denn wir haben fast alle Familie und Kinder und sind keine jungen Leute mehr“, bringt es Tosho auf den Punkt. Außerdem kommt der Chef gerne wieder in „seine“ Stadt zurück, die er liebt.
„Wir sind für Osnabrück mittlerweile auch eine erfolgreiche Marke und werden beispielsweise von vielen Firmen und Betrieben engagiert“, sagt
Tosho, der 1993 für sein jahrelanges ehrenamtliches Engagement gegen Ausländerfeindlichkeit und seinen Einsatz im Sinne eines kooperativen
Zusammenlebens aller Nationalitäten in Osnabrück vom Stadtrat die Bürgermedaille verliehen bekommen hat. Und das ist für ihn als
Company- Chef sehr wichtig: Einsatz und gesellschaftliches Miteinander. „Das kann die Musik bestens leisten und der Blues auch im Besonderen,
denn wir Musiker mischen uns ein oder machen die Stadt und die Region ein Stück lebenswerter, was mittlerweile auch ein wichtiger Standortfaktor
für die regionale Wirtschaft bedeutet. Denn nur wenn die Lebensqualität stimmt, wird für auswärtige Fachkräfte auch ein Umzug in Erwägung gezogen“,
analysiert Tosho. Sein Fazit über das Leben und die Lebensqualität in Osnabrück: „Die vielen jungen Studenten halten auch die Stadt jung. Ob Kreative im Theater, in der Musik oder in der Kunst: Osnabrück hat sehr viel zu bieten, was leider viel zu wenig Menschen außerhalb der Stadt wissen. Daher muss die Kultur dieser Stadt einen größeren Stellenwert im Stadtmarketing bekommen, damit wir mehr Menschen für unsere tolle Stadt begeistern können.“ Die Kulturszene der Region Osnabrück und damit der Blues der Blues-Company ist also sowohl ein Standortfaktor als auch ein Wirtschaftsfaktor und Marketingaspekt – mit all den positiven monetären und gesellschaftlichen Folgeerscheinungen. Der Osnabrücker Blues der Company: Das macht in Deutschland keiner so brillant und erfolgreich wie diese älteste Blues-Band des Landes.
Was treibt Tosho Todorovic nach all den Jahren noch an? Noch mehr Preise und Auszeichnungen für die Band (German Jazz Award, Preis der
Deutschen Schallplattenkritik e. V., Blues Louis) oder sich selbst, den Träger der Bürgermedaille der Stadt Osnabrück? Oder ist es wie bei den
meisten legendären Musikern einfach so, dass die Freude an der Musik und die glücklichen Gesichter im Publikum Antrieb genug sind? Tosho
Todorovic hat dem Blues viel zu verdanken und daraus macht er kein Geheimnis: „Ich werde nicht aufhören, ich wüsste auch nicht warum.
Musik ist mein Leben, mein Leben ist Musik. The Blues has been good to me!“ Der Blues war gut zu mir – das ist und bleibt das Motto dieses
nimmermüden Botschafters des Blues: „Solange ich denken kann, wollte ich den Blues spielen. Also werde ich ihn spielen, solange ich kann. Das
bin ich ihm schuldig, dem Blues, denn ohne ihn wäre mein Leben nicht so wunderbar verlaufen – auch in Osnabrück!“
Blues Company
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