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Ein smarter Start-up-Starter

Florian Stöhr

Der coolste Sound der deutschen Musikszene kommt aus der Hauptstadt und ganz vorn dabei ist die Berliner Band „Seeed“. Die schreibt sich übrigens mit drei „eee“ und hat mit Mastermind und Sänger Peter Fox lässige Texte wie diesen am Start: „Baby wach auf, ich zähl bis 10 – das Leben will einen ausgeb´n und das will ich seh´n!“

Diesen Sound kann der Besucher durchaus im Kopf haben, wenn er das Start-Up-Zentrum Seedhouse im Wissenschaftspark auf einem ehemaligen Kasernengelände am Osnabrücker Westerberg betritt. Denn hier sieht es genau so aus, wie man sich eine stylishe Werbeagentur oder eine hippe IT-Firma vorstellt: Backsteinwände, edle Kaffeemaschine und eine bunte Kühltruhe mit den aktuell angesagten Eisvarianten zur freien Auswahl.

Zum Gespräch bittet Geschäftsführer Florian Stöhr natürlich auch nicht etwa an einen konventionellen Konferenztisch, sondern an die Tischtennisplatte. Aber dann wird ganz schnell klar, dass es im Seedhouse bei aller urbanen Lässigkeit doch vor allem um Wirtschaft geht, also um Zahlen, Ideen, Enga-gement, Innovation, Erfindergeist – und ja, auch um Fleiß: „Wir helfen Firmengründern bei der Entwicklung ihrer Geschäfts-modelle, kennen alle Förderprogramme und haben die Kon-takte zu etablierten Unternehmen in der Region, die als Part-ner für unsere Gründerinnen und Gründer in Frage kommen.“ Doch eine Sache, die müsse jedem Start-Up-Starter klar sein: „Es immer verlockender für junge Fachkräfte, sich ins ge-machte Nest der Festanstellung zu setzen, als selber ein Unternehmen aufzubauen, denn das Gründen ist auf jeden Fall Arbeit, Arbeit und nochmal Arbeit.“

Damit die Gründerinnen und Gründer mit ihrer im besten Fall bahnbrechenden Idee, auf die die Welt gewartet hat, nicht schon vor dem Start am Kleingedruckten und so banalen Dingen wie Büroraum und zu wenig Betreuung und Beratung scheitern, haben sich 32 Gesellschafter, darunter vor allem mittelständische Firmen, auch mit Unterstützung durch das Land Niedersachsen zusammengefunden und mit dem Seedhouse ein Format geschaffen, mit dem sich Osnabrück bundesweit seinen Platz auf der Landkarte der Gründerszene gesichert hat. Vom ersten Tag des Gründerzentrums als Ge-schäftsführer dabei ist Florian Stöhr, denn der hat das Gründer-Gen und inzwischen auch Osnabrück im Blut: „Ich komme eigentlich vom Bodensee, bin aber seit dem Studium an der Universität Osnabrück aus voller Überzeugung Osna-brücker.“ Schon an der Uni stellte er als Vize-Präsident des Studierendenparlaments und Mitglied des Senats früh seine Qualitäten als Macher unter Beweis, die er dann im Laufe seiner Karriere immer weiter ausbauen konnte: „Dabei ging es eigentlich immer um das Aufbauen von Firmen als Gesell-schafter oder das Entwickeln von Geschäftszweigen oder neuen Schwerpunkten.“ 

So machte sich Stöhr einen Namen als innovativer Antreiber und bestens verdrahteter Netzwerker und konnte daher kaum ablehnen, als ein Kopf für das Start-Up-Zentrum gesucht wurde.

Inhaltlich liegt der Schwerpunkt auf der Agrar- und Foodbranche, schließlich gilt das Osnabrücker Land als der „Fettfleck“ Deutschlands mit seinen füh-renden Unternehmen des Landmaschinenbaus und der Agrartechnik. Doch nach und nach wurde das Spektrum auf alle Bereiche der digitalen Welt erweitert und Osnabrück durch das Seedhouse zur niedersächsischen Start-Up-Hauptstadt, mindestens: „Wir haben Anfragen nach unserer Förderung und Unterstützung aus ganz Deutschland und sogar aus Israel. Den Bewerber von dort vernetzen wir auch aktiv mit unserer regionalen Wirtschaft.“ Dabei gibt es für den überzeugten Wahl-Osnabrücker aktuell aber auch einen kleinen Wermutstropfen: „Auch wenn wir hier an der Universität und an der Hochschule natürlich jede Menge schlaue Köpfe mit tollen Ideen haben, so würde ich mir doch wünschen, dass noch viel mehr Anträge aus der direkten Nachbarschaft bei uns landen.“

Das Gründerzentrum Seedhouse unterstützt Firmengründer bei der Entwicklung ihrer Geschäftsmodelle. Copyright: Simone Reukauf
Das Gründerzentrum Seedhouse unterstützt Firmengründer bei der Entwicklung ihrer Geschäftsmodelle. Copyright: Simone Reukauf

Weil der Schwerpunkt der Unterstützung für Gründer durch das Land Niedersachsen sich neben Osnabrück nur noch auf die Start-Up-Zentren in den großen Städten wie Braunschweig, Lüneburg, Oldenburg, Göttingen und natürlich Hannover beschränke, habe das Osnabrücker Seedhouse nun auch den ländlichen Raum in den Blick genommen und fördere ein Start-Up aus Lingen im Emsland. Und das laufe ebenso erfreulich wie erfolgreich: „Natür-lich haben wir auch im Emsland unser Netzwerk und es ist wirklich vielversprechend, wie gut der Testballon dort fliegt und auf weitere Projekte wirkt.“ Bei diesem Testballon handelt es sich um die Firma „Easy Snacks“, eine 2023 von fünf Schülern und Studenten gegründete Firma.

Die Idee: das Bestellen und Bezahlen in Kiosken von Schulen und Mensen von Universitäten schneller und einfacher zu machen. Die Eingebung kam den jungen Gründern beim Warten in der Schlange vor der Essenausgabe in der Schule, ihr digitales System macht nun aber nicht nur diese Ausgabe schneller, sondern hilft den Mensen und Schulkiosken auch bei der Lagerhaltung, der Verwaltung und der Planung besonders bei größeren Schüler- oder Studenten-zahlen. Florian Stöhr kann sich für jede einzelne dieser Ideen im Seedhouse begeistern, doch bei dem Projekt in Lingen gebe es noch einen weiteren wichtigen Aspekt: „Wir können dabei in der Praxis und also live und in Farbe ausprobieren, wie weit wir von einem zentralen Hub in Osnabrück aus ein Start-Up in der Fläche betreuen können und lernen dabei, was es an punktgenauer Unterstützung braucht.“ Von diesem Wissen würden dann zukünftig auch weitere Gründerinnen und Gründer im ländlichen Raum profitieren können, ist Stöhr sicher.

Mit diesem pragmatischen Ansatz, den der Geschäftsführer aus den verschiedenen Schritten seiner Karriere ins Seedhouse mitgebracht hat, hat sich der Osnabrücker „Gründungsbeschleuniger“ mit seiner Erfolgsquote an die Spitze in Niedersachsen gesetzt: „Wir haben schon bei deutlich mehr als einem halben Hundert Firmen für den ersten Anschub gesorgt, von denen es nur zwanzig Prozent nicht geschafft haben, von denen aber auch deutlich mehr als zwanzig Prozent durch die Decke gegangen sind.“ Und damit liege das Seedhouse Osnabrück dann eben signifikant über dem Schnitt im Ver-gleich mit den anderen Start-Up-Zentren, wie Florian Stöhr mit durchaus gesundem Selbstbewusstsein betont.

Das 2018 gegründete Seedhouse steht sinnbildlich für die wachsende Startup-Begeisterung in Osnabrück. Hier haben sich 34 Gesellschafter aus den Branchen Agrar, Food und Digitales zusammengeschlossen, um Innovationen der vielen Startup-Teams zu fördern und sie über das starke mittelständische Netzwerk der Region zu unterstützen. Copyright: Simone Reukauf
Das 2018 gegründete Seedhouse steht sinnbildlich für die wachsende Startup-Begeisterung in Osnabrück. Hier haben sich 34 Gesellschafter aus den Branchen Agrar, Food und Digitales zusammengeschlossen, um Innovationen der vielen Startup-Teams zu fördern und sie über das starke mittelständische Netzwerk der Region zu unterstützen. Copyright: Simone Reukauf

Fragt man ihn nach Beispielen, lehnt er sich von der Tischtennisplatte zurück, strafft sich im Stuhl und legt mit einem Beispiel los, das schon vom Namen her sehr passend klingt: „Aus unserer Anfangszeit und dem Schwerpunkt der Agrarbranche lässt sich Seedforward nennen, bei denen es um die Saat-gutbeize geht. Die haben mit Mais angefangen, sind heute aber auch schon in anderen Bereichen aktiv und liegen voll im Trend mit langen Wurzeln, damit Pflanzen auch Dürren überstehen.“ Ganz besonders stolz ist Florian Stöhr aber auf die Reise-App Lambus aus Osnabrück: „Die Macher haben im Fernsehen bei der ,Höhle der Löwen` sogar einen Deal ausgeschlagen, weil sie so von ihrem Erfolg überzeugt waren. Bei Apple war Lambus dann die App des Tages, das ist schon wirklich ganz große Klasse.“ Mit Lambus sei das Seedhouse auch weiterhin eng verbunden und man verfolge gemeinsam das überaus ambitionierte Ziel, mittels KI die Reiseplanung zu revolutionieren.

Im Seedhouse greifen also viele kleine Rädchen ineinander, damit möglichst viele der Gründerinnen und Gründer von der Idee bis zum laufenden Unternehmen das ganz große Rad drehen können. Und auch wenn eine zugegeben etwas ausgelutschte Weisheit im Marketing besagt, dass das Gras nicht schneller wächst, wenn man daran zieht, so gilt das eben nicht bei der Saat, die im Osnabrücker Seedhouse aufgeht und dabei gehegt und gepflegt wird: „Weil wir themenoffen sind und uns über Anfragen aus allen Bereichen freuen, können wir auch immer wieder Gründer untereinander verknüpfen und so schneller voranbringen“, so Florian Stöhr.

Bleibt abschließend die Frage, was denn der Schnelldenker Stöhr wohl selbst noch erfinden würde? Irgendwas fürs Familienleben vielleicht als Vater von drei kleinen Töchtern? Möglich. Oder vielleicht doch eher eine coole Bude mit lässigen Leuten, bei denen junge Menschen mit ihren frischen Ideen Support bekommen und in ihrem Mut bestärkt werden, einfach mal zu machen und eine eigene Firma zu gründen? Und das am besten in einem Ambiente mit Backsteinwänden, edler Kaffeemaschine, bunter Kühltruhe mit den aktuell angesagten Eisvarianten zur freien Auswahl und einer Tischtennisplatte als Konferenztisch? Ach nee, diese Idee ist ja schon längst Wirklichkeit gewor-den und heißt Seedhouse. Fehlt nur noch der Sound von „Seeed“ mit drei „eee“, bei dem es heißt „Ich mach Kaffee, der tote Tanten weckt“ – die Kaffee-maschine wäre schon mal da.

Seedhouse Accelerator GmbH

Telefon: 0541 76014488

E-Mail: hallo@seedhouse.de

Web: www.seedhouse.de

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