Julia Krajewski
Wenn das Sprichwort nicht stimmt, sondern wenn tatsächlich wirklich mal alles Gold ist, was da so schön glänzt – dann spricht man mit Julia Krajewski. Denn die Vielseitigkeitsreiterin aus der Grafschaft Bentheim hat in ihrem Sport den Olymp erreicht. Und das nicht nur sprichwörtlich, sondern tatsächlich: Die in Klausheide bei Nordhorn aufgewachsene Krajewski war bisher schon bei drei Olympischen Spielen für Deutschland am Start, gewann dabei 2016 in Rio de Janeiro auf ihrem Pferd Samurai du Thot Silber mit der Mannschaft und wurde bei den Spielen 2024 in Paris mit dem Holsteiner Wallach Nickel Elfte in der Einzelwertung.
Die Krönung ihrer sportlichen Karriere aber war die Goldmedaille in der Einzelwertung bei den Spielen 2021 in Tokio, die sie auch außerhalb der Reiter-szene bundesweit bekannt gemacht hat: An jenem 2. August 2021 schrieb Julia Krajewski gemeinsam mit ihrer Stute Armande de B-Neville auch gleich noch Sportgeschichte als erste Frau, die im Einzel-Vielseitigkeitswettbewerb eine olympische Goldmedaille gewinnen konnte.
Wer sich nun aber das Treffen mit dieser leibhaftigen und sehr lebendigen Olympiasiegerin auch nur irgendwie glamourös, glänzend oder gar gold-schimmernd vorstellt, der findet sich nach den ersten Sätzen der freundlichen jungen Frau ganz schnell wieder in der Wirklichkeit: „Die Spiele sind na-türlich eine ganz tolle Sache, aber es gehört auch zur Wahrheit, dass wir Reiter selbstständige Unternehmer sind und bei Olympia wirtschaftlich gese-hen kräftig draufzahlen.“ Klar, die Kulisse für die Wettbewerbe der Spring-, Dressur- und Vielseitigkeitsreiter in Frankreich und ganz besonders in den Gärten vor dem Schloss Versailles sei unfassbar schön gewesen, schwärmt Krajewski: „Da muss sich jede andere olympische Destination in Zukunft schon ganz gehörig strecken, um da auch nur annähernd dranzukommen.“ Ihre Begeisterung für die Spiele spiegelt sich auch im T-Shirt mit dem Auf-druck „Paris 2024“ und den leuchtenden Augen wider, mit der die Reiterin vom ebenso zahlreichen wie fachkundigen Publikum in Versailles und von der Stimmung sowohl innerhalb der deutschen Mannschaft als auch in der ganzen olympischen Reiterfamilie erzählt: „Die Spitzenreiter aus aller Welt ken-nen sich natürlich alle sehr gut, da sind die Spiele schon so etwas wie unser Klassentreffen.“
Doch wenn sich die Elite der Reiter wie in Versailles auf der medialen Weltbühne der Olympischen Spiele präsentiert und in ihren schicken Outfits besagten Mix aus Glamour, Glanz und Gold versprüht, dann denken Profis wie Julia Krajewski eben parallel immer auch wirtschaftlich: „Während der Spiele kann ich keine anderen Pferde reiten, die mir von ihren Besitzern anvertraut worden sind und darum bin ich sehr dankbar, wenn sie diese Pferde in dieser Zeit dennoch bei mir im Stall stehen lassen.“ Als Unternehmerin im Pferdesport habe sie natürlich auch ein Handvoll Angestellter, die bezahlt werden und weite-re laufende Kosten, die gedeckt werden wollen: „Und deshalb kostet die Teilnahme an den Spielen uns eben tatsächlich echtes Geld, auch wenn das sportliche und menschliche Er-lebnis Olympia ein unvergleichlicher Höhepunkt im Leben und deshalb natürlich unbezahlbar ist.“
Der Weg zu diesen höchsten Weihen des Reitsports hatte sich im Leben von Julia Krajewski schon früh abgezeichnet: „Auch wenn ich nicht aus einer klassischen Reiter- und Pferdefamilie komme, sondern meine Eltern Geo-Physiker sind, bin ich mit meinen beiden jüngeren Schwestern auf einem Resthof auf-gewachsen und hatte dort schon mit fünf Jahren mein eige-nes Pony.“ Ihr Vater habe sie immer unterstützt, als sich schon in jungen Jahren das große Talent seiner Tochter gezeigt habe: „Leider ist er 2020 verstorben und hat den Olympiasieg nicht mehr miterleben können.“ Schon mit sieben Jahren gelangen ihr erste Turnierplatzierungen und schnell führte sie der Weg in die Vielseitigkeitsreiterei, woran kurioserweise ihr erstes Pony großen Anteil hatte: „Dieses Pony sollte eigentlich ein reines Dressurpony werden, war aber nicht so richtig zu be-geistern, dafür aber super im Gelände und im Springen.“ So habe der damalige Landestrainer Jochen Keuter sie seinerzeit quasi „entdeckt“ und für die Vielseitigkeit begeistert.
Eine Begeisterung, die Julia Krajewski auch heute als erfolgsverwöhnte Weltklassereiterin noch versprüht: „Ich liebe die Arbeit mit den Pferden in den verschiedenen Bereichen und die ständige Entwicklung, denn bei der Vielseitigkeit kommt es ganz viel auf die Beziehung von Reiter und Pferd und auf Vertrauen an.“ Das zeige sich zum Beispiel ganz deutlich, wenn das Pferd mit dem Wasser vertraut gemacht werde: „Klar gibt es Pferde, die da einfach durchgehen, aber meistens ist das wie immer in der Reiterei vor allem viel harte Arbeit: Ich weiß gar nicht, wie oft ich schon bei drei Grad Außentempe-ratur im Wasser vor dem Pferd gestanden und ihm nach und nach vermittelt habe, dass es gar nicht so schlimm ist.“
Dieses unbedingte Vertrauen des Tieres zeige sich auch bei der Verladung vor den oft notwendigen weiten Reisen zu den Wettkämpfen: „Mit manchen Menschen klappt das gut, bei anderen geht mein Pferd aber auch gar nicht.“ Hier und beim alltäglichen Umgang komme natürlich den Pferdepflegern eine wichtige Rolle zu: „Gute Pfleger kennen ihre Schützlinge ganz genau, merken sofort, wenn etwas nicht stimmt und geben dem Reiter eine Rück-meldung.“ Apropos Pferdepfleger: Stimmt es eigentlich, dass die den Tieren im normalen Umgang ganz andere Namen geben als die oft sperrigen offiziellen Namen in den Ergebnislisten? Julia Krajewski grinst kurz, beantwortet dann aber ganz Medienprofi auch diese ausgemachte Laienfrage: „Es kann schon vorkommen, dass es Stallnamen gibt, das ist wie mit Kosenamen oder Abkürzungen, die gibt es bei Menschen ja auch.“
Wo wir gerade bei den echten Laienfragen sind: Stört es die Vielseitigkeitsreiter nicht zumindest ein bisschen, dass in der öffentlichen Wahrnehmung oft die Springreiter und manchmal sogar die Dressurreiter mehr Beachtung finden? Auch hier ist die Olympiasiegerin echter Medienprofi: „Das empfinden wir unter den Reitern vermutlich etwas anders, aber verstehen kann ich das aus Sicht der Zuschauer schon deshalb, weil das Springreiten natürlich viel leichter zu verstehen ist: Wenn die Stange runterfällt, ist das ein Fehler.“ Zwei weitere Gründe führt Krajewski dann auch noch an: „Einen Parcours fürs Springreiten kann ich fast überall aufbauen, egal ob in der Großstadt oder in den Arabischen Emiraten.“ Für die Vielsei-tigkeit brauche es dagegen neben dem Platz fürs Springen und die Dressur eben immer auch ein echtes Gelände und das finde sich nun mal nicht überall.
Würde sie dann nicht auch lieber reine Springreiterin sein wollen? Wieder ein Grinsen: „Für mich sind die verschiedenen Anforderungen genau das Richtige und auch die Entwicklung junger Pferde für die Vielseitigkeit ist genau mein Ding.“ Wobei für viele Reiter gelte, was für die Pferde nicht möglich sei: „Bei den Reitern gibt es schon einige, die sowohl in der Vielseitigkeit als auch etwa im Springen ganz vorne mit dabei sind.“ Die Pferde seien besonders im Spitzensport dagegen reine Spezialisten, so die Expertin.
Wieder was gelernt, danke. Ob bei der Gelegenheit wohl noch zwei Laienfragen erlaubt sind? „Ja sicher“, lacht Julia Krajewski, „immer her damit!“ Also dann: Reichen ein bisschen Talent und ein reiches Elternhaus, das einem ein tolles Pferd hinstellt, für die große Karriere? „Oh je, da sind jetzt aber mal allerlei Klischees versammelt, aber die Antwort ist: Nein, das reicht natürlich nicht.“ Talent sei besonders in jüngeren Jahren wichtig und mache da gefühlt mehr als die Hälfte des sport-lichen Erfolges aus: „Aber je älter ein Reiter wird, desto wich-tiger werden Disziplin und vor allem jede Menge Fleiß.“
Im Reitsport sei Erfolg anders als in den meisten anderen Sportarten schließlich auch noch in relativ hohem Alter möglich: „Dazu gehören aber jede Menge Arbeit und ein gehöriges Maß an Resilienz, wenn es dann mal eine Weile nicht so läuft wie erhofft.“ Die Zusammenarbeit mit dem „Sportler Pferd“ sei schließlich auch viel unberechenbarer als etwa Leistungssport mit Maschinen oder Sportgeräten etwa beim Autorennen, Bogenschießen oder Segeln.
So, eine letzte Laienfrage haben wir noch frei: Gerade war ja die Rede vom „Sportler Pferd“ und immer wird betont, dass das Wohlergehen der Tiere am Ende wichtiger sei als der Erfolg – aber was wird denn dann aus den Pferden nach der großen Karriere? Da lächelt die Olympiasiegerin, wird dann aber schnell ernst und zählt minutenlang auf, wo ihre Lieblinge und Champions überall ihr Gnadenbrot genießen: bei befreundeten Pferdehöfen, bei Nach-wuchsreitern und sogar bei ihrer Mutter – Julia Krajewski kennt tatsächlich noch den Verbleib eines ihrer ersten Ponys „und der müsste jetzt fast 30 sein.“ Der Besuch bei einer echten Olympiasiegerin zeigt also neben dem hellglänzenden Gold der Medaille und dem goldenen Händchen der Leistungs-sportlerin für den ganz großen Erfolg auch das goldene Herz für den wichtigsten Partner dieses Erfolgs – das Pferd.
Julia Krajewski Warendorf
E-Mail: julia@julia-krajewski.de
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